Kindertagespflege in der Krise
Ein Beruf vor dem Aus?
Die Kindertagespflege ist eine essenzielle Säule der frühkindlichen Betreuung in Deutschland. Doch aktuelle Statistiken zeigen eine besorgniserregende Entwicklung: Immer mehr Tagesmütter und -väter hören auf. Seit März 2024 ist die Zahl der in der Kindertagespflege tätigen Personen um 3,8 % gesunken – das bedeutet, erstmals seit 15 Jahren gibt es weniger als 40.000 Tageseltern (Destatis)(Bundesverband für Kindertagespflege). Wir beleuchten wir die Ursachen und diskutieren mögliche Lösungen für diese Krise.
Warum gehen immer mehr Tageseltern?
Die Gründe für den Rückgang sind vielfältig, aber das zentrale Problem liegt in den unzureichenden finanziellen Rahmenbedingungen. Das Einkommen der Tageseltern besteht aus einer Kombination aus Fördermitteln und einer Sachkostenpauschale. Während die Fördermittel von Stadt und Land bereitgestellt werden, ist die Pauschale seit 2008 nicht angepasst worden. In Anbetracht der seit 2021 deutlich gestiegenen Lebenshaltungskosten führt dies dazu, dass viele Tageseltern wirtschaftlich nicht über die Runden kommen (Aktuelle Sozialpolitik).
Ein konkretes Beispiel: Eine Tagesmutter aus Frankfurt berichtet, dass sie für drei Kinder 11,43 Euro pro Stunde brutto verdient – weniger als der gesetzliche Mindestlohn von 12,41 Euro. Zusätzlich müssen Tageseltern viele Kosten wie Miete, Verpflegung oder Spielmaterial selbst tragen. Da die Sachkostenpauschale seit über 15 Jahren nicht erhöht wurde, zahlen viele Tageseltern aus eigener Tasche drauf (Aktuelle Sozialpolitik). Dies führt zu einem enormen Druck und macht den Beruf für viele unattraktiv.
Die Konsequenzen: Weniger Plätze für unter Dreijährige
Der Rückgang der Tageseltern hat direkte Auswirkungen auf die Betreuungsangebote. Während die Zahl der unter Dreijährigen in der Betreuung leicht gesunken ist, übersteigt der Bedarf weiterhin das Angebot (Bundesverband für Kindertagespflege). Besonders in ländlichen Gebieten oder für spezifische Bedürfnisse, wie eine flexible Betreuung oder kleine Gruppen, bleibt die Kindertagespflege unverzichtbar. Ein weiterer Rückgang an Tageseltern könnte daher zu Betreuungslücken führen, die durch Kitas nicht kompensiert werden können.
Mögliche Lösungsansätze
Es ist dringend notwendig, die Rahmenbedingungen der Kindertagespflege zu verbessern, um den Beruf wieder attraktiver zu machen. Hier einige Vorschläge:
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Anpassung der Sachkostenpauschale: Eine Erhöhung der Pauschale ist dringend notwendig, um Tageseltern vor wirtschaftlichen Verlusten zu schützen. Städte wie Frankfurt haben bereits versucht, eine Anhebung auf 400 Euro pro Kind umzusetzen (Aktuelle Sozialpolitik), jedoch stoßen diese Pläne auf rechtliche Hürden.
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Bessere soziale Absicherung: Tageseltern sind in der Regel selbstständig tätig und haben keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Eine Integration in das Sozialsystem oder zumindest eine Absicherung im Krankheitsfall könnte helfen, mehr Menschen für diesen Beruf zu gewinnen.
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Wertschätzung und Anerkennung: Die Kindertagespflege trägt wesentlich zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei, wird jedoch oft nicht in der gleichen Weise wertgeschätzt wie die institutionelle Kinderbetreuung. Kampagnen und bessere Aufklärung könnten dazu beitragen, das Ansehen dieses wichtigen Berufs zu stärken.
Warum dieses Thema für Erzieherinnen wichtig ist
Auch wenn Erzieherinnen in Kitas arbeiten, betrifft sie die Krise der Kindertagespflege direkt. Ein Rückgang der Tageseltern bedeutet, dass mehr Kinder auf die ohnehin überlasteten Kitas angewiesen sind. Schon heute arbeiten Erzieherinnen unter schwierigen Bedingungen, mit hohen Betreuungsquoten und knappen Ressourcen (Bundesverband für Kindertagespflege). Eine stabile und gut geförderte Kindertagespflege kann dazu beitragen, den Druck auf Kitas zu reduzieren und eine diversifizierte Betreuungslandschaft zu erhalten.
Fazit: Jetzt handeln, bevor es zu spät ist
Die Kindertagespflege ist eine wertvolle Alternative zur institutionellen Betreuung, doch die finanzielle und soziale Absicherung der Tageseltern muss dringend verbessert werden. Ohne Reformen droht der Beruf langfristig auszusterben – mit dramatischen Folgen für Eltern, Kinder und das gesamte Betreuungssystem. Erzieherinnen sollten sich dieser Problematik bewusst sein, denn eine Lösung dieses Problems betrifft die gesamte frühkindliche Bildung in Deutschland.