Sommerloch in der Kita: Zwischen Abschied, Neubeginn und ganz viel Leere

Die letzten Portfolioseiten sind eingeklebt, die Abschiedsgeschenke der Vorschulkinder überreicht, die Gruppenräume wirken plötzlich… still. Es ist Sommer – und in vielen Kitas entsteht genau jetzt dieses typische „Sommerloch“, das so vieles gleichzeitig bedeutet: Abschied, Übergang, Neuanfang – aber auch Leerlauf, Planungszeit und emotionale Ausnahmemomente.

Was passiert in der Kita zwischen zwei Kitajahren?

Die meisten Kindertageseinrichtungen richten ihre pädagogische Planung nach dem Schuljahr. Das bedeutet: Im Sommer verabschieden sich die Vorschulkinder in Richtung Grundschule. Nicht selten fließen dabei Tränen – bei Kindern, Eltern und auch im Team. Gleichzeitig laufen die letzten Tage vor den Sommerferien oft wie im Autopilot: Die Gruppen sind kleiner, viele Fachkräfte nehmen Urlaub, der Alltag wird ruhiger – fast schon ungewohnt ruhig.

Manche sprechen vom Sommerloch in der Kita, dabei ist es alles andere als leer. Es ist ein Raum, der vieles bereithält: Reflexion, Vorbereitung, Übergänge – aber eben auch Lücken.


Wenn Abschied zur Routine wird – und trotzdem berührt

Jedes Jahr das Gleiche – und doch ist jeder Abschied einzigartig. Die Kita verlässt eine Generation von Kindern, mit denen das Team oft über Jahre hinweg gewachsen ist. Gemeinsam wurde gelacht, getröstet, gelernt und gelebt. Dieser emotionale Abschied prägt den Sommer – und hinterlässt erst einmal ein Vakuum in der Gruppe.

Doch während ein Teil geht, steht der nächste schon in den Startlöchern: Die Eingewöhnung neuer Kinder beginnt oft mitten im Sommer oder direkt danach. Eine doppelte Herausforderung für pädagogische Fachkräfte – emotional und organisatorisch.


Ferienzeit: Entschleunigung oder Ausnahmezustand?

In den Sommerferien schließen manche Kitas ganz, andere bieten eine sogenannte „Notbetreuung“ mit reduziertem Personal an. Für die anwesenden Kinder ist es eine andere, entschleunigte Zeit: weniger Programm, mehr Freispiel, weniger feste Strukturen. Einige Kinder genießen diese Phase, andere reagieren irritiert auf den Wegfall gewohnter Bezugspersonen und Abläufe.

Gleichzeitig eröffnen sich pädagogisch wertvolle Chancen: Individuelle Projekte, gezielte Beobachtungen und neue Impulse lassen sich oft besser umsetzen als im vollgetakteten Regelbetrieb. Auch organisatorisch bietet diese Phase Raum: Teamsitzungen, Materialpflege, Raumkonzepte und Fortbildungen können in den Fokus rücken.


Neustart im August: Eingewöhnung und neue Gruppendynamiken

Kaum ist der letzte Koffer gepackt, geht es wieder los: Die Eingewöhnung neuer Kinder steht an. Jetzt wird das Sommerloch gefüllt – mit neuen Namen, Gesichtern und Familien. Die Gruppen finden sich neu, Kinderrollen verändern sich, Beziehungen werden (neu) aufgebaut.

Kinder, die bereits länger in der Einrichtung sind, erleben sich plötzlich in neuen Rollen – als Helferinnen, Begleiterinnen oder auch als Suchende im neuen Gruppengefüge. Für pädagogische Fachkräfte ist diese Zeit intensiv, aber auch bereichernd – denn der Neuanfang bringt viele Gelegenheiten zur Beziehungsarbeit und zur Entwicklung neuer pädagogischer Prozesse.


Praxistipps für Fachkräfte: Wie Sie das Sommerloch sinnvoll gestalten können

Damit die Sommerzeit nicht nur verwaltet, sondern aktiv pädagogisch gestaltet wird, hier einige konkrete Hinweise:

✅ 1. Abschiede bewusst gestalten

  • Planen Sie ausreichend Zeit für individuelle Abschiedsrituale ein – nicht nur für die Kinder, sondern auch für das Team.

  • Gestalten Sie Übergänge transparent und kindgerecht: mit Abschiedsbüchern, Fotos, Liedern oder kleinen Zeremonien.

  • Denken Sie auch an die Kinder, die zurückbleiben – sie erleben den Weggang wichtiger Bezugspersonen oft besonders intensiv.

✅ 2. Reflexion und Jahresrückblick im Team

  • Nutzen Sie die ruhigere Phase zur gemeinsamen Reflexion: Was hat im vergangenen Jahr gut funktioniert? Was soll im neuen Jahr anders werden?

  • Halten Sie Erfolge schriftlich fest – das motiviert und stärkt die pädagogische Identität des Teams.

✅ 3. Raum für kreative Angebote schaffen

  • Setzen Sie auf offene, experimentelle Angebote, die ohne große Vorbereitung umsetzbar sind.

  • Arbeiten Sie mit Naturmaterialien, Alltagsgegenständen oder Restbeständen aus dem Bastelfundus.

  • Geben Sie Langeweile bewusst Raum – sie fördert Kreativität und Selbstwirksamkeit.

✅ 4. Teamentwicklung fördern

  • Vereinbaren Sie kurze Teamsitzungen oder Reflexionsrunden – auch informelle Gespräche können wertvoll sein.

  • Planen Sie Fortbildungen, Workshops oder Hospitationen – gerade jetzt besteht oft mehr zeitlicher Spielraum.

  • Stärken Sie das Wir-Gefühl: ein gemeinsames Frühstück, ein Sommerfest im Team oder ein Ausflug wirken oft Wunder.

✅ 5. Eingewöhnung professionell vorbereiten

  • Bereiten Sie Begrüßungsmaterialien für neue Familien vor (z. B. eine Willkommensmappe oder ein Orientierungstag).

  • Schaffen Sie klare und ruhige Strukturen für den Start – besonders wichtig bei Personalengpässen.

  • Sichten Sie im Vorfeld alle Informationen zu den neuen Kindern: Entwicklungsstand, Familiensituation, ggf. besondere Bedarfe.


Fazit: Das Sommerloch ist kein Stillstand – sondern ein Übergangsraum mit Potenzial

Das sogenannte Sommerloch ist in Wahrheit ein Raum des Wandels: emotional, strukturell, pädagogisch. Er bietet die Chance zur Besinnung, zur Planung und zur bewussten Gestaltung des Übergangs zwischen zwei Kitajahren.

Wenn Fachkräfte diesen Raum aktiv nutzen, kann das Sommerloch zu einer Phase der Stärkung, Vorbereitung und Neuorientierung werden – für das Team, für die Kinder und für die gesamte Einrichtung.